Verkehrswertermittlung nach Sachwert- und Ertragswertverfahren
Mittels Microsoft Excel-Tabellen wurden der Sachwert und der Ertragswert des Reihenmittelhauses Volbachweg 18 ermittelt. Dieses Reihenmittelhaus hat die kleinste Grundstücksgröße von 197 m². Durch Einfügen der Grundstücksgrößen der anderen Reihenhäuser in die Excel-Tabellen lassen sich für alle Reihenhäuser die Ertragswerte und Sachwerte leicht bestimmen.
Sachwertermittlung
Der Sachwert wurde nach der alten Sachwertrichtlinie und den Normalherstellkosten 2000 (NHK 2000) ermittelt. Zwar wurde vom Ministerium für Verkehr, Bau und Stadtplanung im September 2012 eine neue Sachwertrichtlinie zusammen mit den Normalherstellkosten 2010 (NHK2010) veröffentlicht, doch wird diese neue Sachwertrichtlinie von Wertgutachtern bisher kaum angewandt.
Aus den Tabellen der
NHK 2000 geht hervor, dass zwischen 1946 und 1959 Baukosten zwischen 525 € und
565 € pro Quadratmeter Brutto-Grundfläche für ein Reihenmittelhaus vom Typ 2.12
anfielen, wenn dieses Haus eine mittlere Ausstattung hatte. Typ 2.12 ist ein vollunterkellertes Reihenmittelhaus mit zwei Vollgeschossen
und einem nicht ausgebauten Dachgeschoss.
Da das
Reihenmittelhaus Nr. 18 in 1955 erbaut wurde, wird mit Baukosten von 550,71
€/m² Brutto-Grundfläche (BGF) im Jahr der Erbauung gerechnet. Die
Brutto-Grundfläche ist die Summe der Grundflächen von Keller, Erdgeschoss,
Obergeschoss und Dachgeschoss. Bei einem Reihenhaus mit 6,5 m Breite und 9,0 m
Tiefe beträgt die Brutto-Grundfläche ca. 234 m².
Die Baukosten pro
Quadratmeter BGF aus 1955 müssen mit dem Baukostenfaktor 1,24 multipliziert
werden, um zu ermitteln, was ein Quadratmeter BGF im Jahr 2013 kosten würde,
wenn man dasselbe Haus heute errichten würde. Außerdem müssen Baunebenkosten
hinzugerechnet werden. Für ein Haus mit mittlerem Ausstattungsstandard werden
15 Prozent Baunebenkosten hinzugeschlagen. Der Herstellungswert eines
gleichwertigen, jedoch in 2013 errichteten Reihenmittelhauses beträgt dann ca.
184.000 €. Da das Reihenhaus jedoch bereits 58 Jahre alt ist, muss man den für
2013 ermittelten Herstellungswert um das Gebäudealter abschreiben. Dabei wird
nicht die lineare Abschreibung angewandt, sondern die Abschreibung nach ROSS,
die von fast allen Gutachtern angewandt wird. Die Alterswertminderung nach ROSS
errechnet sich nach folgender Formel:
Alterswertminderung =
0,5 * (Gebäudealter² / Gesamtnutzungsdauer + Gebäudealter / Gesamtnutzungsdauer)
Bei einer angenommenen
Gesamtnutzungsdauer von 80 Jahren errechnet sich eine Alterswertminderung von
62,53 Prozent und ein Zeitwert von ca. 69.000 € für das Reihenmittelhaus.
Die Außenanlagen haben
einen Zeitwert von Null €. Deshalb muss zum Wohnhaus-Restwert nur der Grundstückswert
von 39.400 € addiert werden, um den vorläufigen Sachwert 108.400 € zu
ermitteln. Dieser vorläufige Sachwert muss mit dem Marktanpassungsfaktor
multipliziert werden, um ihn auf die Gegebenheiten des örtlichen Preisniveaus
in Münster anzupassen. Laut Grundstücksmarktbericht 2013 Seite 71 der Stadt
Münster ist für Reihenmittelhäuser mit einem Bodenwert = 200 €/m², einer
Wohnfläche um 80 m² und einem
vorläufigen Sachwert zwischen 150.000 und 200.000 bei einem Baujahr um 1960 der
Marktanpassungsfaktor 0,81. Der marktangepassten
Sachwert beträgt dann 108,400 * 0,81 = 87.825
€. müssen Bauschäden und unterlassene Renovierungen abgezogen werden. Setzt
man hier nur 5.000 € an, so errechnet sich ein Sachwert von 82.825,63 €,
gerundet 83.000 €. Die tatsächliche Höhe der Renovierungs- und
Modernisierungskosten liegt jedoch erheblich über 5.000 €.
Ertragswertermittlung
Die Excel-Tabelle gibt
die Ertragswerte für unterschiedliche Liegenschaftszinsen aus. Öffentlich
bestellte Wertgutachter, die von Amtsgerichten im Zuge von
Zwangsversteigerungen mit der Erstellung eines Verkehrswertgutachtens beauftragt
werden, wählten in 2012 für Einfamilienhäuser fast immer einen
Liegenschaftszins von 3,5 Prozent. Jedoch sind die Zinsen inzwischen weiter
gefallen. Doch selbst bei einem Liegenschaftszins von nur 2,0 Prozent errechnet
sich ein Ertragswert von lediglich ca. 92.000 €, wenn ansonsten optimistische
Parameter in die Tabelle eingegeben werden:
Da nur 5.000 € zur
Instandsetzung des Hauses zwecks Vermietung angesetzt wurden, wurde der höchste
Instandhaltungssatz von 13,20 € pro m² Wohnfläche pro Jahr gewählt. Laut http://www.asp.weststadtmakler.de/nebenkosten.aspx
werden 1,10 pro m² Wohnfläche pro Monate, somit 13,20 € pro m² Wohnfläche pro
Jahr angesetzt, wenn ein Haus älter als 32 Jahre ist.
Da nur der Ertragswert
des Reihenmittelhauses ohne den Auto-Stellplatz, der zusätzliche 2.500 € kosten
soll, in der Excel-Tabelle ermittelt werden soll, werden keine Einnahmen, aber
auch keine Ausgaben für den Auto-Stellplatz angesetzt.
Wenn man mehr als
5.000 € in das Haus und dessen Garten investiert, um es langfristig zu 6 €/m²
vermietbar zu machen, steigt zwar die Restnutzungsdauer, doch steigen dann auch
die Kosten für den Sanierungs- und Modernisierungsstau. Wenn Sie beispielsweise
in das Excel-Feld B15 25.000 € statt 5.000 € einsetzen, weil Sie durch mehr
Aufwand für Sanierung und Modernisierung die Restnutzungsdauer des Hauses und
damit dessen Mieteinnahmen erhöhen wollen, so können Sie im Excel-Feld B41
angeben, um wie viele Jahre sich Ihrer Meinung nach die Vermietbarkeit des
Hauses dann erhöhen würde. Sie müssen in dieses Feld dann einen Wert größer als
10 Jahre einsetzen, damit der Ertragswert höher als die ursprünglichen 92.000 €
ausfällt.
Das Ergebnis dieser
Ertragswertermittlung kann man wie folgt interpretieren: Wenn ein Käufer für
das Reihenmittelhaus mehr als 92.000 € zahlt und mehr als 5.000 € für Sanierung
und Modernisierung ausgibt, anschließend durch die Vermietung des Hauses aber
über die Restnutzungsdauer von 22 Jahren nur jährlich einen Reinertrag von
4.052 € pro Jahr erzielt, so macht er einen Verlust. Es wäre dann günstiger,
selbst solch ein Haus anzumieten und den eingesparten Kaufpreis so zu
investieren, dass man 22 Jahre lang mindestens 2 Prozent Rendite erzielt.
Verkehrswertermittlung
Als Ertragswert wurden
92.000 € ermittelt. Als Sachwert wurden 83.000 € ermittelt. Da das
Reihenmittelhaus eher selbst genutzt als vermietet wird, wird der Verkehrswert auf ca. 83.000 € geschätzt.
Diese Schätzung gilt aber nur unter der Annahme, dass das Reihenmittelhaus in
einem guten Erhaltungszustand ist und lediglich ca. 5.000 € investiert werden
müssen. Dieser Betrag wird aber vermutlich bereits benötigt, um die
Außenanlagen neu anzulegen.
Als Sanierungs- und Renovierungsstau wurden nur 5.000 € angenommen und in die Excel-Tabellen eingesetzt. Der tatsächliche Sanierungs- und Renovierungsstau ist beträchtlich größer. Laut einem Zeitungsbericht waren bereits für die in Osnabrück vor einigen Jahren verkauften, gleichgroßen Britenhäuser Sanierungs- und Renovierungskosten von ca. 800 € pro m² Wohnfläche nötig. Inzwischen sind nicht nur die Kosten für Sanierungen und Renovierungen gestiegen, die Britenhäuser in Münster sind inzwischen auch älter als die damals in Osnabrück verkauften Häuser. Außerdem sind zwischenzeitlich die Ansprüche an den Energieverbrauch eines Wohnhauses gestiegen. Laut Ratsbeschluss der Stadt Münster wurde beispielsweise in 2012 der „Energiehaus-Münster-Standard“ eingeführt, der dem Passivhaus-Standard nahe kommt. Neubauten werden in Münster zwingend nach diesem neuen Standard errichtet. Altbauten müssen bezüglich Energieverbrauch dann ebenfalls höherwertig saniert und renoviert werden, damit sie beispielsweise bezüglich des Vergleichswertverfahrens mit neueren Wohnhäusern überhaupt noch vergleichbar sind.
Mit folgenden Sanierungs- und Renovierungsmaßnahmen muss ein Käufer rechnen:
weitere Abschläge auf den ermittelten Verkehrswert
Der tatsächliche Wert
des Reihenmittelhauses liegt aus nachfolgenden Gründen vermutlich weit unter
dem oben rechnerisch ermittelten Verkehrswert.
Diese Nachteile gegenüber später und heute errichteten Reihenhäusern führen zu Abschlägen bei der Verkehrswertermittlung.
Abschläge wegen zu erwartender Anliegerkosten
Hinzu kommen Kosten, die sich aus eventuell bald notwendigen Reparaturen am Straßenbelag des Volbachwegs und am Abwasserrohr- und Stromleitungssystem ergeben. Schaut man sich die geflickte Teerdecke des Volbachwegs an, so ist diese Teerdecke nicht nur unansehnlich, sondern muss vermutlich bald erneuert werden, weil einsickerndes und anschließend gefrierendes Regenwasser zu weiteren Schäden führen wird. Beim Alter der Wohnsiedlung stellt sich auch sofort die Frage, wie alt die Rohrleitungen und Stromleitungen sind, die im Boden verlaufen, und wann sie ausgebessert oder erneuert werden müssen. Müssen neue Hauseigentümer hier in absehbarer Zeit mit einer Kostenbeteiligung rechnen? Vorsichtshalber sollte man deshalb einen weiteren Abschlag am ermittelten Verkehrswert vornehmen.