fragwürdige Bebauungspläne und Erhaltungssatzungen

Bereits in der Ratsvorlage V/0728/2012 vom 2.10.2012, die vom Stadtrat am 7.11.2012 beschlossen wurde, war für viele derjenigen Britenhausstandorte, bei denen kein Abriss und eine anschließende Neubebauung vorgesehen war, viel von Erhaltungssatzung oder Veränderungssperre die Rede, und bereits damals, als ich diese beschlossene Ratsvorlage erstmalig las, hatte ich den Eindruck, dass man dort, wo nicht abgerissen werden sollte, eine Art "Freilichtmuseen" errichten wollte, indem man das Aussehen der Siedlungen konservieren wollte. Dieser Eindruck verstärkte sich in den Bürgerinformationsveranstaltungen, die Anfang 2013 anläßlich der ersten Verkäufe von Britenhäusern stattfanden und in denen die Entwürfe von Bebauungsplänen vorgestellt wurden.

Auch für den Britenhausstandort "Borghorstweg, Ahausweg, Billerbeckweg" wurde ein Bebauungsplan entworfen, der vorsieht, dass der Bestand und Charakter der Siedlung geschützt werden soll. Bei dessen Veröffentlichung kam es dann seitens der Bürger und der Lokalpolitiker zu Kritik, weil die Einschränkungen bezüglich der Erweiterungsmöglichkeiten der Wohnfläche und bezüglich der individuellen Umgestaltung und Nutzung der Grundstücke und deren Bebauung zu groß erschienen. So ist beispielsweise nur ein eingeschossiger Anbau möglich, nicht aber ein zweigeschossiger Anbau, durch den die gesamte Hauswand gedämmt würde. In der Niederschrift über die 34. Sitzung der Bezirksvertretung Münster-West vom 10.10.2013 (siehe https://www.stadt-muenster.de/sessionnet/sessionnetbi/to0040.php?__ksinr=8905) lesen Sie:

»Punkt 7.2 der Tagesordnung A-W/0010/2013: Die Gestaltungsspielräume für die Konversionsflächen (Freiflächen und Wohnungen) in Gievenbeck sollen erweitert werden. Antrag der CDU-Fraktion vom 22.09.2013

Von der CDU-Fraktion lag nachfolgender Antrag vor: CDU-Fraktion Antrag A-W/0010/2013 der Bezirksvertretung Münster-West vom 22.09.2013

Rat und BV-West mögen beschließen: Im Bereich Borghorstweg/Billerbeckweg sollen die Immobilienerwerber mehr Gestaltungsfreiheiten beim Ausbau der Häuser erhalten…«


Jedoch geht die CDU-Fraktion nicht detailliert auf Schwachstellen im Entwurf des Bebauungsplans ein, sondern fordert nur allgemein mehr Gestaltungsfreiheiten beim Ausbau der Häuser. Der Ratsantrag, den Sie unter https://www.stadt-muenster.de/sessionnet/sessionnetbi/vo0050.php?__kvonr=2004036404&search=1 einsehen können, ist genauso schwammig formuliert. Eine Änderung im vorgestellten Bebauungsplan, die den Einbau von Dachgauben erlauben würde, würde übrigens wenig bringen: Um das Dachgeschoss als Wohnraum nutzen zu können, müsste man eine Treppe im Obergschoss einbauen. Selbst eine kleine Wendeltreppe nimmt dann aber im Obergeschoss und im Dachgeschoss wieder Wohnraum weg, den man eigentlich durch den Ausbau des Dachgeschosses hinzugewinnen will. Bei ca. 40 m² Wohnfläche im Erd- und Dachgeschoss steht dann aber der Wohnraum, den man nach Abzug des Platzbedarfs für die Treppe gewinnt, in denkbar schlechtem Verhältnis zu den Kosten des Dachausbaus. Unter Kosten-/Nutzenaspekten ist nur ein Anbau sinnvoll, und dieser Anbau sollte dann auch zweigeschossig möglich sein, um zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: doppelt so viel Wohnraum hinzugewinnen als mit einem eingeschossigen Anbau und gleichzeitig die ganze Hauswand statt nur das Erdgeschoss durch den Anbau gegen Kälte dämmen.

Nachfolgend als Anregung einige Abbildungen von zweigeschossige Wintergärten:


















Die nachfolgenden Fotos zeigen die Null-Energie-Neubausiedlung "bomenbuurt" in der niederländischen Gemeinde Ulft. Diese Siedlung steht für ein familienfreundliches Leben in einer modernen und grünen Wohnsiedlung. Jung und Alt sollen hier komfortables und vor allem energieneutrales Wohnen genießen können. Für die Null-Energie Häuser dieser Wohnanlage – bisher ein einzigartiges Projekt in den Niederlanden – entwickelten Architekten und Ingenieure ein Energiekonzept, bei dem ungedämmte Wintergärten als klimaausgleichender Wärmepuffer fungieren. Sie tragen wesentlich zum Energieeintrag bei. Erste Messungen haben gezeigt, dass bei Außentemperaturen von minus 4 Grad bei Sonneneinstrahlung eine angenehme Innentemperatur von 20 bis 25 Grad erzielt wird.







Energieneutrales Bauen und Wohnen mit minimaler Umweltbelastung. Für die Realisierung dieser Maxime wurde das Wohnbauprojekt "bomenbuurt" von der niederländischen Wohnungsbaugesellschaft Klomps zusammen mit der Stadt Ulft für einen Architektenwettbewerb ausgeschrieben. Neben der städtebaulichen Einbindung der Neubausiedlung war für die Kombination von energieneutralem Wohneigentum und Null-Energie-Mietwohnungen eine abwechslungsreiche Architektur gefordert, die durch Form- und Materialmix, Verwendung von ökologischen Baustoffen sowie eine nachhaltige Gebäudetechnik gekennzeichnet ist. Weiteres Kriterium war die behindertengerechte Ausstattung mit großzügigen Türen und Lift für die oberen Etagen sowie breite Straßen mit viel Begrünung und Sitzgelegenheiten, die soziale Netzwerke im Wohnumfeld ermöglichen.

Die ansprechenden, von der Architektur her sehr unterschiedlichen Doppelhäuser sind durch Photovoltaik-Module auf den Dächern, Nutzung von Erdwärme und zweigeschossigen Wintergärten, die als zusätzliche Wärmepuffer dienen, völlig autark von der Energieversorgung. Die Erdwärme wie auch die vorgewärmte Luft aus den Wintergärten werden effizient zur Erwärmung der Wohnräume genutzt.

Von den Wohneinheiten sind 39 Wohnungen als Mietobjekte und 22 als Eigentumswohnungen vorgesehen. Um wenig Energie zu verlieren, sind die Gebäude sehr kompakt gebaut. Der zweigeschossige Wintergarten mit 17,5 qm Fläche wurde als ungedämmte Konstruktion konzipiert und zur Gewinnung passiver Solarenergie an der Südseite der Häuser angebaut. Er bezieht die oberen Fenster der Wohnungen mit ein, die Firsthöhe beträgt hier imposante 6,37 m. Auf 2,50 m Höhe ist innenliegend am Haus ein Baldachin als Sonnen- und Blendschutz angebracht. Für die Dachkonstruktion kam ein ungedämmtes Dachsystem mit Einfachverglasung zum Einsatz, das mit einer Neigung von 35 Grad realisiert wurde. Die Belüftung des Wintergartens wird durch integrierte Dachfenster gewährleistet, die automatisch öffnen und schließen.

Mit ein wenig Fantasie kann man sich vorstellen, dass viele der Briten-Reihenhaussiedlungen so zukünftig rückwärtig aussehen könnten, wenn die Bebauungspläne es hergeben würden und wenn Investoren diese Idee umsetzen würden.


Roter Klinker wird vorgeschrieben – auf Dämmung wird verzichtet

In denjenigen Britenhaussiedlungen, die einen roten Klinker statt Fassadenputz haben, wird vorgeschrieben, dass zwecks Erhaltung des einheitlichen Aussehens der Siedlung ein roter Klinker erhalten bleiben muss. Gäbe es zwischen dem Klinker und der Innenwand einen Luftspalt, so könnte man diesen Luftspalt mittels Dämmmaterial unter Pressluft verfüllen und erhielte damit eine halbwegs preiswerte Dämmung. Im Sommer 2013 kaufte die Wohn- und Stadtbau an der Dachsleite 40 Reihenhäuser mit rotem Klinker, dämmt nun nur das Dach und die Kellerdecke, nicht aber die Außenwände, weil es vermutlich solch einen Luftspalt nicht gibt und die Dämmung dann zu teuer würde. Fraglich ist, ob so preiswerter Wohnraum entsteht. Die Kaltmiete ist zwar halbwegs günstig, die Heizkosten werden jedoch entsprechend hoch sein, zumindest so lange, bis die Häuser an das Fernwärmenetz angeschlossen sind.

Unter dem Menüpunkt »Britenhäuser in Möchengladbach – "Pappkartons aus den 50er Jahren"« finden Sie Wärmebilder von den Britenhäusern in Mönchengladbach. Dort können Sie auch lesen, was sich bezüglich der Vermarktung von Britenhaussiedlungen in Mönchengladbach und Windberg abspielten und Münster vielleicht noch bevorsteht.

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