Allgemeine Kritik am Konversionsprozess in Hinblick auf die Planung der Weiternutzung der britischen Wohnstandorte in Münster
Betreibt Münster eine Stadtentwicklungs- und Wohnungsbaupolitik auf Kosten der umliegenden Gemeinden?
Die Politik der Stadt Münster zielt darauf hin, Münster für junge Neueinwohner attraktiv zu machen. Am 16.11.2013 erschien in den Westfälischen Nachrichten der Artikel
»Interview mit Münsters Oberbürgermeister – Wohnungsnot: Nachverdichtung reicht nicht«. Aus dem Artikel einige Zitate:
»Markus Lewe ist seit 2009 Oberbürgermeister der Stadt Münster. Seine Vision von Münster als der "wachsenden Stadt in Europa" ist inzwischen Realität geworden. Doch das Wachstum führt zwangsläufig zu der Frage, wohin die Stadt wachsen wird. Sprich: Wo und wie sollen all die Wohnungen entstehen, die man einer wachsenden Bevölkerung anbieten muss? Darüber sprach Markus Lewe mit dem WN-Redakteur Klaus Baumeister.«
Frage des Redakteurs Klaus Baumeister:
»In Münster mehren sich die Klagen über hohe Mieten und hohe Immobilienpreise. Ärgert Sie das?«
Antwort von Oberbürgermeister Markus Lewe:
»So verrückt es auch klingen mag: Hohe Mieten und hohe Immobilienpreise sind die Folgen einer erfolgreichen Politik. Münster ist eine sehr attraktive Stadt. Das führt dazu, dass die Nachfrage nach Wohnungen größer ist als das Angebot…«
Frage von Klaus Baumeister:
»Münster ist eine der wenigen Kommunen in Deutschland, die ein spürbares Bevölkerungswachstum verzeichnen. Aber wird der gewünschte Zuzug von Menschen nicht schlicht versiegen, wenn sich immer mehr Menschen Münster gar nicht leisten können?«
Klaus Baumeister spricht von einem "gewünschten Zuzug von Menschen".
- Wünschen wirklich alle den Zuzug vom Menschen nach Münster, der ja gleichzeitig ein Wegzug aus den Nachbargemeinden und von anderswo ist?
- Wünschen auch die Bürger und Lokalpolitiker aus den umliegenden Städten und Gemeinden den Wegzug von Bürgern nach Münster mit der Konsequenz, dass dort die Einnahmen aus Steuern und Abgaben sinken und die verbleibende Bevölkerung vergreist, dass Kitas und Schulen dort schließen können, weil die Kinder bei Kitas und Schulen in Münster statt in den Umlandgemeinden angemeldet werden, dass Gewerbebetriebe keine Auszubildenden und keine Fachkräfte mehr finden?
- Sicherlich wünschen die Gewerbetreibenden, die Besitzer von Kneipen, Restaurants oder Diskotheken aus Münster den weiteren Zuzug von Menschen nach Münster, damit sie noch mehr Umsatz und Gewinn machen können, doch geht das nicht unweigerlich auf Kosten der Gewerbebetriebe, Kneipen, Restaurants und Diskotheken in den Umlandgemeinden, wo dann die Kunden bzw. die Gäste ausbleiben?
- Wünschen die Studenten in Münster diesen Zuzug, damit sie mit noch mehr Kommilitonen um die teuren Studentenzimmer buhlen können?
- Wünschen die Einwohner von Münster diesen Zuzug, damit die Preise für Wohnraum noch mehr steigen, damit das Essen und Trinken in den Restaurants und Kneipen in Münster im Vergleich zum Umland noch teurer wird?
Im Artikel
"In einigen Stadtteilen wird es eng – 15 Hektar Gewerbefläche vermittelt" der Westfälischen Nachrichten vom 26.01.2013 las man:
»Nach Ansicht von Dr. Thorsten Kornblum (SPD), Vorsitzender des Aufsichtsrats der Wirtschaftsförderung, gehört die Förderung von Gewerbeansiedlungen ebenso wie die Förderung des Wohnungsmarktes zu den zentralen Zukunftsaufgaben "unserer wachsenden Stadt". Kornblum: "Wir wollen ja nicht, dass die jungen Arbeitskräfte, die wir an Münster binden möchten, ihr ganzes Geld für die Miete ausgeben."«
Junge Arbeitskräfte (nicht ältere Arbeitskräfte oder gar Rentner) möchte man also an Münster binden und dazu preiswerten Wohnraum schaffen. Die Förderung, sprich Subvention von preiswertem Wohnraum gehört laut der Wirtschaftsförderung Münster zu den zentralen Zukunfsaufgaben der Stadt.
Der Absatz
4.5.2 Wohnungswirtschaft aus der im Juni 2011 erschienenen Abhandlung
"Haushaltskonsolidierung und Subventionsabbau: Wie der Staat seine Handlungsfähigkeit zurückgewinnen kann" vom Institut für Weltwirtschaft Kiel zeigt, dass man das auch ganz anders sehen kann.
Quelle:
www.ifw-kiel.de/pub/wipo/volumes/wipo_03.pdf
»4.5.2 Wohnungswirtschaft
Die Schaffung von preisgünstigem Wohnraum und die Förderung des Wohneigentums gehören seit jeher zu den herausragenden Zielen der staatlichen Wirtschaftspolitik. Diese Politik beruht im Wesentlichen auf drei Säulen: Die erste Säule ist das Wohngeld, das als staatlicher Zuschuss zur Miete oder zu den Eigenheimkosten ausgestaltet ist, und dessen Gewährung an die Voraussetzung der individuellen Bedürftigkeit gekoppelt ist. Die zweite Säule ist die Förderung der Bildung von Wohnungseigentum durch die Gewährung der Eigenheimzulage. Die dritte Säule ist die Förderung des sozialen Wohnungsbaus, die überwiegend durch die Bereitstellung zinsvergünstigter Kredite für Eigenheimerwerber und Bauträger im Mietwohnungsbau geleistet wird. Ergänzt und flankiert werden diese Maßnahmen durch vielfältige weitere Programme, zu denen die Gewährung von Bausparprämien ebenso zählt wie eine Reihe von Investitionszuschussprogrammen, die in aller Regel an die Verbesserung der Energieeffizienz der Wohnungen geknüpft sind (Tabelle 24).
Aus ökonomischer Sicht fällt es schwer, für die in Deutschland betriebene Wohnungsförderungspolitik eine stichhaltige Begründung zu finden. Die Zeiten des Wohnungsmangels sind längst Geschichte und im Zuge des demografischen Wandels ist eher mit einem Über- als mit einem Unterangebot an Wohnungen in Deutschland zu rechnen. Zwar wird es wohl auch künftig regionale Ungleichgewichte auf den Wohnungsmärkten geben. Aber die daraus resultierenden regionalen Mietpreisunterschiede haben die durchaus erwünschte Funktion, Preissignale für die Standortentscheidungen von Unternehmen und Haushalten zu setzen und dadurch einer Überfüllung in Ballungsräumen und einer korrespondierende Entleerung in der Peripherie entgegenzuwirken.«
Im Artikel
"Meiste Neubauten in Gievenbeck – Stadt steigert Bauleistung um 30 Prozent" der Westfälischen Nachrichten vom 2.02.2013 las man:
»"Rekordverdächtig und dringend notwendig", so kommentiert Oberbürgermeister Markus Lewe die Zahl der 2012 in Münster fertig gestellten Wohnungen. Mit 1925 neuen Wohnungen knacke die Stadt zum dritten Mal seit der Jahrtausendwende die 1500er Marke, die durchschnittlich pro Jahr erreicht werden müsse, damit der Bedarf an Wohnungen in der Stadt gedeckt werden könne. Lewe: "Der starke Arbeitsmarkt und die steigende Zahl der Studierenden erfordern eine entsprechende Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt. Nur so kann Münster seine Stärken als wachsende Stadt auf Dauer sicherstellen."«
Geht das wirklich "nur so", ist diese Politik alternativlos?
Wachsen um jeden Preis, auf Kosten der Umlandgemeinden?
Im Kommentar
"Münster Wachstum – An die Grenzen denken" schrieb Günter Benning, Redakteur der Westfälischen Nachrichten:
»…Dann gibt es das prognostizierte Wachstum, von dem auch in dieser Woche die Auguren kündeten. Danach soll Münster in den nächsten 18 Jahren von rund 290.000 auf 330.000 Einwohner wachsen. Dies wäre ein Plus von 40.000 Bürgern… Schon jetzt ist klar: Wenn Münster wächst, werden viele Nachbarstädte schrumpfen. Denn die neuen Bürger sind einerseits junge Menschen, die nach einer Ausbildung lieber in der Großstadt bleiben. Und es werden zunehmend alte Menschen sein, die vom Landleben flüchten und gute Einkaufsmöglichkeiten, Krankenversorgung und Kultur stadt-zentral suchen. Dies wird einen Sog produzieren, der sich selbst verstärkt. Die Frage ist nun, ob dies ein gottgegebenes Wachstum ist, oder ob es durch eine gezielte Regionalplanung in ein durchdachtes Wachstum verändert werden kann. 40.000 Einwohner mehr, das wären schließlich mindestens halb so viele Wohnungen mehr, mindestens doppelt so viele Fahrräder und jede Menge Autos obendrein. Das würde die Immobilienpreise in unverschämte Höhen steigern und möglicherweise erneut den Flächenverbrauch ankurbeln. Und all das, während in anderen Kommunen Leerstand herrscht, städtische Angebote zurückgeschraubt, schulen geschlossen werden müssen. Prognosen müssen nicht eintreffen. Wachstum kann natürliche Grenzen finden. Es wird darauf ankommen, ob die Kommunen bereit sind, ihre Entwicklung mit Blick über den Tellerrand zu koordinieren.«
Und im Artikel
"Top-Noten für den Standort Münster" las man:
»…Im Gegensatz dazu (zu Münster) verlieren die vier Münsterland-Kreise im gleichen Zeitraum zwischen drei und fast fünf Prozent ihrer Bevölkerung.«
Wer genau wissen möchte, wie sich die Einwohnerzahlen in Münster und den benachbarten Kreisen Steinfurt, Borken, Coesfeld, Warendorf entwickelt, wirft einen Blick auf den Artikel
Demokratische Entwicklung im Münsterland - Immer weniger, immer älter - Münsterland-Kreise verlieren Einwohner und vergreisen / Nur Münster entwickelt sich gegen den Trend vom 30.11.2012.
Die Britenhäuser sind da sehr willkommen, um aus Pendlern Neubürger zu machen. Münster wirkt wie ein Magnet und saugt wie ein Staubsauber die zahlungskräftigen und gut ausgebildeten jungen Leute aus dem Umland ab. Diese Umlandgemeinden erhalten vom Bund und vom Land Nordrhein-Westfalen keine Zuschüsse für den Ausbau einer Universität oder für Studentenwohnheime. Sie erhalten auch keine Zuschüsse für den sozialen Wohnungsbau, denn dort in den Nachbargemeinden gibt es im Gegensatz zu Münster immer mehr Leerstände, wenn die jungen Leute in die Großstädte ziehen und nur alte Menschen zurückbleiben, die keine Kindertagesstätten und Schulen benötigen, die kaum Geld in Restaurants, Kneipen oder gar Diskotheken lassen, die sich mit zunehmendem Alter immer weniger an Vereinen oder in der Lokalpolitik beteiligen. Die Gastronomiebetriebe rentieren sich dann nicht mehr und schließen. Wo es aber keine Discos, Kneipen und Restaurants mehr gibt, wollen auch keine jungen Leute mehr wohnen. Die Wohnhäuser verlieren dann überproportional an Wert, die Gewerbetreibenden verlieren Umsätze, die Gemeinden verbuchen als Folge sinkende Einnahmen aus Steuern und Abgaben. Je weniger Menschen in den Gemeinden wohnen, desto weniger lohnt sich der Busverkehr nach Münster, desto sporadischer fahren dann die Busse, desto unattraktiver wird die Gemeinde für die verbliebenen Einwohner oder für potentielle Neubürger.
Die Spirale der Überalterung, Verödung und Verarmung der Gemeinde ist in Gang gesetzt und kaum noch umkehrbar.
Finanzierung der Konversion
Viele Bürger wollen gar nicht selbst in ein Britenhaus oder in eine andere Immobilie umziehen, sondern aufgrund der Eurokrise und des Mangels an sicheren Geldanlagen ihre Ersparnisse in Betongold anlegen. Viele dieser Anleger sind auch gar nicht rendite-gierig, sondern wollen lediglich die Inflation ausgleichen, sie wollen die Kaufkraft ihrer Ersparnisse erhalten, weil Ersparnisse für die Altersversorgung zunehmend wichtiger werden. Konversionsstädte wie Stadt Münster könnten eventuell einen Fonds auflegen, von dem an Betongold interessierte Bürger dann Anteile erwerben könnten. Anteilsscheine an großen alternativen Energieparks, wie sie auch von den Stadtwerken Münster emittiert wurden, waren trotz geringer Rendite sofort vergriffen. Warum sollte finanzielle Bürgerbeteiligung nicht auch bei Britenhaussiedlungen möglich sein, wenn diese abgerissen und durch zukunftssichere Siedlungen in barrierefreier Passivhausbauweise oder
Bio-Solar-Haus-Bauweise ersetzt würden, um dann sichere Renditen in Form von Mieteinnahmen oder durch den anschließenden Verkauf als Eigentumswohnungen zu versprechen. Und warum sollte das nicht auch funktionieren, um einen Teil der Liegenschaften in den Kasernen durch die Stadt aufzukaufen und anschließend gewinnbringend zu vermarkten? Und würden die betuchteren Bürger aus Münster nicht zugreifen, dann vielleicht andere Privatinvestoren oder Immobilienfonds.
In diesem Zusammenhang ist der Artikel
Entlastung der Städte – Kindertagesstätten werden immer häufiger von privaten Investoren finanziert lesenswert. Was in diesem Artikel bezüglich Kindertagesstätten beschrieben wird, ist vielleicht auf andere Infrastruktur übertragbar: Senioreneinrichtungen, Schulen jeder Art, Sporteinrichtungen usw.
Die Kriegskasse der Wohn- und Stadtbau Münster GmbH ist nicht unerschöpflich
Aus dem Konzeptpapier geht an vielen Stellen vor, in welchen der 18 Britenhausstandorte die Wohn- und Stadtbau Münster GmbH oder andere städtische Wohngenossenschaften überall Pakete kaufen, komplette Siedlungen sanieren oder neu errichten sollen. Ein Politiker von DIE LINKE forderte laut einem Zeitungsartikel sogar, dass die Wohn- und Stadtbau Münster GmbH alle (!) Britenhäuser kaufen solle. Doch wenn die Kasse der Stadt Münster so gut wie leer ist, ist wohl auch die Kriegskasse der Wohn- und Stadtbau nicht unerschöpflich gefüllt. Da außerdem stetig von allen Lokalpolitikern und auch von vielen Bürgern gefordert wird, dass die städtischen Wohnungsunternehmen diese Wohnhäuser dann als preiswerten Wohnraum zur Verfügung stellen soll, können diese Wohnungsunternehmen durch derartige Investitionen dann kaum Gewinne, eher aber Verluste produzieren. Bisher konnte die Wohn- und Stadtbau Münster GmbH immer einen Überschuss produzieren und damit die Haushaltsdefizite der Stadt Münster schmälern. Würde den unsinnig erscheinenden Forderungen vieler Lokalpolitiker und vieler Bürger stetig nachgegeben, so wäre den Überschüssen wohl bald ein jähes Ende gesetzt.
Fehleinschätzung zu Festpreise, Sonderkonditionen, Beteiligung an Infrastrukturkosten
Die Stadt Münster erwartet von der BImA Vorzugspreise und stellt sogar an die BImA die Forderung, sich an den zukünftig anfallenden Infrastrukturkosten (Kindertagesstätten, Seniorentagesstätten, Spielplätze und Schulen müssen dort gebaut werden usw.) zur Weiternutzung der Britenliegenschaften zu beteiligen, was mit dem gesetzlichen Auftrag der BImA nicht vereinbar ist. In der Ratshauptvorlage V/07228/2012 bzw. deren Anlagen lesen Sie beispielsweise:
2. Die Verwaltung wird beauftragt, …
… 2.1.2. weitergehende Regelungen zur Aufgaben- und Kostenverteilung mit der BImA, im Besonderen für die sozialen Infrastrukturfolgekosten (Auswirkungen und Bedarfe Kindertagesstätten, Grundschulen, öffentliche Kinderspielplätze), zu vereinbaren;
Es ist die einzige Aufgabe der BImA, die bundeseigenen Liegenschaften zum Marktpreis zu verkaufen. Die BImA ist nicht dazu befugt, einer relativ reichen Stadt wie Münster Geschenke zu machen. Unter
https://www.gesetze-im-internet.de/bho/__63.html
kann man nachlesen:
»Vermögensgegenstände dürfen nur zu ihrem vollen Wert veräußert werden. Ausnahmen können im Haushaltsplan zugelassen werden. Ist der Wert gering oder besteht ein dringendes Bundesinteresse, so kann das Bundesministerium der Finanzen Ausnahmen zulassen.«
Würde sich die BImA auf derartige Forderungen einlassen, so würde sie Präzedenzfälle schaffen: Bei Konversionen in anderen Städten könnten deren Stadtverwaltungen dieselben Forderungen stellen und sich darauf berufen, dass diese Forderungen in Münster erfüllt wurden. Zurzeit laufen beispielsweise große Konversionen von Kasernengeländen und Soldatenwohnungen in den Städten München, Schweinfurt, Heidelberg, Bamberg und Bitburg ab. Auch diese Städte könnten dann finanzielle Beteiligungen an den Infrastrukturkosten verlangen.
Auch darf die BImA nur sehr begrenzt Immobilien zu Festpreisen statt im öffentlichen Bieterverfahren verkaufen. Mitarbeiter der BImA haben auf den Bürgerinformationsveranstaltungen mehrfach klargestellt, dass die Britenliegenschaften zum Verkehrswert verkauft werden müssen. Auch diejenigen Britenhäuser, die nicht im öffentlichen Bieterverfahren (also zum Höchstgebot), sondern zu Festpreisen an einkommensschwache Familien verkauft werden sollen, können laut BImA-Mitarbeiter nicht unterhalb des Verkehrswertes verkauft werden. Den Verkehrswert legt die BImA fest. An dieser Stelle könnte die Stadt Münster eventuell einhaken und versuchen, mehr Einfluss auf die Höhe der Kaufpreisvorstellungen zu nehmen, welche in den Exposés der BImA genannt werden.
Zur Zielgruppeneignung im Konzeptpapier "Wohnstandorte der britischen Streitkräfte"
Zitat:
»In der Wiedernutzung der Wohnstandorte oder nach Abriss-Neubau eignen sich diese aus der quartiers- oder stadtteilstrukturellen Situation und aus den Bedingungen der Größen und Grundrisse der Gebäudetypen heraus für bestimmte Wohnnachfragegruppen. Eine Umsetzung und "Ergebniskontrolle" gestaltet sich grundsätzlich schwierig und aufwendig. Die städtischen Zielformulierungen sollen mind. als städt. Anregungen/Zielvorstellungen ("sinnvolle Zielgruppenempfehlungen") Eingang in die künftigen standortbezogenen Ausschreibungen der BImA finden. In den Fällen der zentral gelegenen Standorte Nummer 03 (Arnheimweg), 11 (Sibeliusstraße) und 16 (Lilienthalweg) mit Abriss/Neubau-Zielrichtung und Standort Nr. 06 (Sandfortskamp) sind diese demgegenüber strukturell so bedeutend, dass diese nicht nur als Anregung, sondern als Maßgabe einer Flächenentwicklung zu verstehen sind.«
Zu Recht wird eingeschränkt, dass sich eine Umsetzung und "Ergebniskontrolle" grundsätzlich schwierig und aufwendig gestaltet. Will man beispielsweise in die Kaufverträge einen Passus einsetzen, der bestimmt, welche Voraussetzungen die Kaufinteressenten nachweisen müssen (Mindestalter, Höchstalter, Kinderzahl oder vorhandener Kinderwunsch usw.), oder welche Bedingungen an einen späteren Wiederverkauf sie einhalten müssen ("darf nicht an Nichtehepaare verkauft werden", "darf nicht an Personen unter 55 Jahren verkauft werden")? Zu überprüfen wäre dann sofort, ob derartige Kaufvertragsklauseln gegen geltendes Recht verstoßen.
Sicher ist, dass derartige Einschränkungen wie jede Art von Denkmalschutz oder Bestandssatzung oder unsinnige Einschränkungen im Bebauungsplan den Verkehrswert einer Immobilie schmälern. Eine aktiv herbeigeführte Verminderung des Verkehrswertes steht dann aber in Konflikt zum § 63 Bundeshaushaltsordnung, an den die BImA gebunden ist. Die BImA darf sich vermutlich aus rechtlichen Gründen gegen Einschränkungen der Zielgruppen nicht einlassen, und das betrifft sowohl die potentiellen Erstkäufer als auch spätere Wiedervermarktungsmöglichkeiten bei einem Weiterverkauf durch einen Erstkäufer. Es kann hier nicht nur darum gehen, Vorteile für die Bürger der Stadt Münster zu erzielen, wenn dadurch volkswirtschaftliche Nachteile für die restlichen Bürger der Bundesrepublik entstehen, übrigens auch für die Steuerzahler der Nachbargemeinden von Münster.
Was sollte einen jungen Kaufinteressenten davon abhalten, gegenüber der BImA ein Kaufangebot für ein Objekt abzugeben, dass laut Planungsamt für Seniorenwohnen geeignet erscheint? Wer eine nachhaltige Immobilie mit hoher Wertbeständigkeit erwerben will, ist gut beraten, ein barrierefreies Objekt zu kaufen. Oder was sollte ein älteres Ehepaar hindern, ein Haus in einer attraktiven Wohngegend erwerben zu wollen, die die Stadtplaner für junge Familien vorgesehen haben? Und was sollte ein gut betuchtes Paar ohne Kinderwunsch davon abhalten, ein sehr großes Haus erwerben zu wollen, welches an einem Standort liegt, das laut stadtplanerischem Konzeptpapier für die Zielgruppe Familien mit Kindern besonders geeignet ist?
Früher kaufte man ein Haus in der Absicht, darin das restliche Leben zu verbringen. Das hat sich aber inzwischen geändert, zum einen, weil man beruflich mobiler bleiben muss und als Folge eventuell auch den Wohnort wechseln muss, zum anderen wegen der stark gestiegenen Scheidungsquote. Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt in Deutschland inzwischen über 80 Jahren mit weiter steigender Tendenz. Heute in Deutschland geborene Kinder haben gute Aussichten, 100 Jahre und älter zu werden. Wer so alt wird, kann nicht mit 65 Jahren, vermutlich nicht einmal mit 67 Jahren in Rente gehen. Und die wenigsten werden auch wohl immer mit demselben Partner zusammen bleiben.
Einige Zahlen zur Scheidungsquote in der BRD:
Quelle:
http://de.statista.com/statistik/daten/studie/76211/umfrage/scheidungsquote-von-1960-bis-2008/
»Im Jahr 2011 betrug die Scheidungsquote in Deutschland rund 49,66 Prozent.«
Quelle:
http://haetten-sie-gewusst.blogspot.de/2010/06/scheidungsrate-scheidungsquote-wie-hoch.html
»Unter der Scheidungsrate wird hier der Anteil der geschlossenen Ehen, die früher oder später geschieden werden, verstanden. Nach dieser Definition erhält man für das Jahr 2003 eine Scheidungsrate von 43.6 % in Westdeutschland und 37.1% in Ostdeutschland… 2007 betrug die durchschnittliche Ehedauer bei der Scheidung 13,9 Jahre… Von den im Jahr 2007 geschiedenen Ehepaaren hatten knapp die Hälfte Kinder unter 18 Jahren.«
Wenn heute ein junges Ehepaar eine Wohnimmobilie kauft, muss es sie vielleicht schon einige Jahre später wieder wegen Scheidung verkaufen. Beim Verkauf ist das Ehepaar nur daran interessiert, einen möglichst hohen Preis zu erzielen. Dieses Paar wird es dann nicht interessieren, welches Alter oder welchen Familienstand der Kaufinteressent hat, oder ob er Kinder hat oder einen Kinderwunsch hegt. Jede Art von Einschränkung bezüglich der Immobilie (Denkmalschutz, Erhaltungssatzung, Käuferzielgruppe) vermindert den Preis, zu dem sich der Eigentümer wieder von der Immobilie trennen kann. Der Grund muss nicht eine Scheidung sein, sondern beispielsweise eine berufliche Neuorientierung oder plötzliche Arbeitslosigkeit mit der Möglichkeit, in einer entfernten Stadt einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Muss die Immobilie zwangsversteigert werden, so hat auch das zuständige Amtsgericht keine Auflagen bezüglich der Bieter einzuhalten. Die Gläubiger des Schuldners haben auch nur das Ziel, einen möglichst hohen Erlös aus der Zwangsversteigerung zu erhalten.
Erkundigen Sie sich einmal in einem ehemaligen Neubaugebiet nach zehn Jahren, wie viele der ehemaligen Grundstückskäufer ihre Immobilie inzwischen wieder verkauft haben, und ob die neuen Besitzer denselben Familienstand, dieselbe Altersgruppe, Kinder oder einen Kinderwunsch haben.
Schlussfolgerung aus diesen Überlegungen: Eine Einschränkung der Zielgruppe für die Wohnimmobilien ist nicht nur kaum umsetzbar und kontrollierbar, sie verstößt vermutlich nicht nur gegen geltendes Recht, sie ist auch zum Schaden der Kaufinteressenten, der späteren Eigentümer, der BImA und auch des Steuerzahlers, wenn die BImA aufgrund solcher vermeidbaren Einschränkungen unter Wert verkaufen muss. Vermutlich ist solch eine Einschränkung zum Nachteil der Bürger der Stadt Münster und volkswirtschaftlich gesehen zum Schaden des Staates.
Sind Festpreise der BImA sozial und gerecht?
Nicht nur, dass durch Paketvergaben ein großer Teil der Britenhäuser für die privaten Kaufwilligen wegfällt. Auch das Ansinnen der Stadtverwaltung, dass ein möglichst großer Teil der für den Einzelverkauf noch verbleibenden Britenhäuser einkommensschwachen Familien zum Festpreis angeboten werden soll, ist eigentlich nicht anders interpretierbar als der Versuch, quasi per staatliche Lotterie einigen wenigen Familien eine Sondervergünstigung zukommen zu lassen, während die anderen Familien mit ebenso geringem Einkommen leider leer ausgehen. Und die BImA soll dabei die Glücksfee spielen…
Der eine Haken an der Sache ist, dass sich die BImA strikt an ihren gesetzlichen Auftrag laut § 63 der Bundeshaushaltsordnung zu halten hat:
Quelle:
https://www.gesetze-im-internet.de/bho/__63.html
»Vermögensgegenstände dürfen nur zu ihrem vollen Wert veräußert werden. Ausnahmen können im Haushaltsplan zugelassen werden. Ist der Wert gering oder besteht ein dringendes Bundesinteresse, so kann das Bundesministerium der Finanzen Ausnahmen zulassen…«
BImA-Mitarbeiter stellten deshalb auf den Bürgerinformationsveranstaltungen in Coerde als auch in Gievenbeck klar, dass die Britenliegenschaften zum Verkehrswert verkauft werden müssen. Zu den Wunschvorstellungen der Stadt (15 Prozent der Wohnhäuser zu Festpreisen) schüttelten die BImA-Mitarbeiter den Kopf (läuft so nicht..), wenn ich das richtig beobachtet habe und richtig interpretiere. Zwar erklärte sich die BImA bereit, eine noch in Verhandlung mit der Stadt Münster befindliche Anzahl von Britenhäusern zu Festpreisen statt im öffentlichen Bieterverfahren (erzielbares Höchstangebot) an einkommensschwache Familien zu verkaufen, doch sei auch in diesem Fall unter "Festpreis" der Verkehrswert zu verstehen, den die BImA-Sachverständigen festlegen.
Und hier liegt der zweite Haken: Ob die BImA-Sachverständigen bei der Ermittlung von Verkehrswerten in einer Art und Weise vorgehen, wie man es von einer Bundesbehörde, der der einfache Bürger vertraut, erwarten würde, habe ich an anderer Stelle (siehe
verkehrswertermittlung_generell.doc, dort unter der Überschrift "Wie aussagekräftig ist die von der BImA angewandte Vergleichswertermittlung") kritisch analysiert und kann nur jedem Kaufinteressenten raten, sich sorgfältig ein eigenes Urteil zu bilden und den Rat eines Immobiliensachverständigen einzuholen. Keineswegs handelt es sich bei den von der BImA genannten Festpreisen aber um Vorzugspreise oder irgendeine Art von Rabatt: Der Käufer zahlt mindestens den Preis, den laut Vergleichswertverfahren eine vergleichbare Wohnimmobilie in ähnlichem Zustand mit etwa gleichgroßem Grundstück in gleichwertiger Lage auf dem Immobilienmarkt in der jüngsten Vergangenheit erbrachte.
Denkmalschutz und Erhaltungssatzung
Für Mitarbeiter des Stadtplanungsamtes ist es einfach, ganze Straßenzüge unter Denkmalschutz, Erhaltungssatzung oder Veränderungssperre stellen zu wollen. Denn vermutlich hat keiner dieser Mitarbeiter vor, selbst solch eine Immobilie zu kaufen und mit den Nachteilen dieser unnötigen Auflagen später leben zu müssen:
- keine Möglichkeit, auf der der Sonne zugewandten Seite des Hauses einen Wintergarten anzubauen oder auch nur größere Fenster einzubauen, wenn diese Hausseite zur Straße ausgerichtet ist und vom Aussehen nicht verändert werden darf
- eingeschränkte Auswahl der Materialien und deren Farbe bei der Wärmedämmung und Neugestaltung der Fassade
- vermutlich höhere Kosten bei der Wärmedämmung einer Hauswand, wenn roter Klinker als Fassade vorgeschrieben ist
- eventuell keine Genehmigung, einen Carport vor dem Haus zu errichten,
- erhebliche Minderung des Verkehrswerts, wenn man die Immobilie später wieder verkaufen muss
Unter Denkmalschutz oder Erhaltungssatzung stellen ist die eine Seite der Medaille, damit tagtäglich leben eine ganz andere. Der Käufer, nicht der Stadtplaner, muss sein Leben lang ein Haus abbezahlen, dessen Aussehen und Umbaumöglichkeiten ein Nichtbetroffener festlegte. Und der Käufer, nicht der Stadtplaner, lebt anschließend in einer Siedlung, die auch nach Sanierung und Modernisierung der Häuser weiterhin wie eine Soldatensiedlung aussieht, mehr oder weniger eintönig und unattraktiv im Vergleich zu anderen Neubaugebieten, bei denen den Grundstückskäufern mehr Gestaltungsfreiheiten eingeräumt wurden.
Dazu nachfolgend einige Zitate aus der Ratshauptvorlage
V/0728/2012 mit zugehörigen Anlagen:
GESAMTSTÄDTISCHES STANDORTE-ENTWICKLUNGSKONZEPT
…
- Ausgangssituation -
Primär erbaut in den 50 er Jahren (3 Siedlungen aus den 60er Jahren, 1 Siedlung aus den 2000er Jahren) mit vielfach sehr prägendem Siedlungscharakter - insbes. bezogen auf ihre städtebauliche Struktur, ihre gestalterische Einheitlichkeit und ihre "parkartige" Freiflächengestaltung - sind die Wohnstandorte vielfach geprägt von hohem Wohnwert, teilweise bemerkenswerten Grundrissqualitäten und für ihre Entstehungszeit teilweise bemerkenswerter individueller Architektursprache.
Mein Kommentar: Aus vielen Aussagen der Stadtplaner und anderer Beteiligter ging bis zur Erstellung der Ratsvorlage hervor, dass man die Britenhäuser leider immer noch nicht besichtigen konnte, und Grundrisse der Häuser waren scheinbar bis Ende 2012 nicht verfügbar, denn sonst hätte man sie den interessierten Bürgern auf der Website
http://www.muenster.de/stadt/stadtplanung/konversion.html
oder anlässlich der vier Bürgerinformationsveranstaltungen im Dezember 2012 präsentieren können. Woher weiß man dann von "bemerkenswerten Grundrissqualitäten" der Häuser? Wer einen der drei Besichtigungstermine anlässlich des Verkaufs der Britenhäuser in der Grawertstraße nutzte, weiß, dass zumindest diese Häuser keine bemerkenswerte Grundrissqualitäten hatten. Die Erdgeschosse der Einfamilienreihenhäuser hatten kein WC und schon gar nicht ein Bad. Viele der zukünftig zum Verkauf in Münster anstehenden Britenhäuser werden vermutlich eine ebenso bescheidene Grundrissqualität haben.
Allgemeine Informationen zu den Wohnungen
18 Standorte…mit in der Summe 794 Wohneinheiten…mit vielfach sehr prägendem Siedlungscharakter, insbes. bezogen auf ihre städtebauliche Struktur, ihre gestalterische Einheitlichkeit und ihre "parkartige" Freiflächengestaltung
– und damit an vielen Standorten …von hohem Wohnwert… mit bemerkenswerten Grundriss-/Wohnqualitäten… in qualitätvoller individueller Architektursprache.
städtebauliche Zielentwicklungen
- Zukunftsfähigkeit und Nachhaltigkeit
individuelle Lösungen: Identität schaffen
städtebauliches Konzept als Standortfaktor: Identität wahren
Mein Kommentar: Welche Identität ist gemeint? Das "sich identifizieren" der Bewohner der Siedlung mit ihrer Siedlung? Da die bisherigen Bewohner, die britischen Soldaten, abgezogen sind bzw. noch abziehen werden, ist das Ziel "Identität wahren" dann äußerst fragwürdig, denn diese bisherigen Bewohner müssen eine neue Identität zu deren neuen Unterkünfte im Ausland aufbauen. Neue Bewohner der Britenhäuserstandorte in Münster hingegen können auch zu einer völlig veränderten Bebauung (Abriss und Neubau) eine Identität aufbauen, wenn die Bebauung Lebensqualität schafft. Das Ziel "Identität wahren" ist somit nur aus Sicht von Historikern und Stadtplanern, die um jeden Preis Altes bewahren wollen, jedoch selbst in den Siedlungen anschließend nicht wohnen müssen, nachvollziehbar.
zum städtischen Instrumenteineinsatz
Vor dem Hintergrund der städtebaulichen und gestalterischen Qualitäten der Mehrzahl der für einen Bestandserhalt vorgeschlagenen Wohnstandorte ergibt die Analyse die Empfehlung, dies durch bauleitplanerischen Instrumenteneinsatz zu flankieren
…zwecks Sicherung der gestaltprägenden Elemente des Städtebaus und des öffentlichen wie privaten Freiraums;
…Die siedlungs- und stadtgeschichtliche Bedeutung der Britenwohnsiedlungen in Münster, besonders die Ablesbarkeit hoher städtebaulicher wie gestalterisch-architektonischer Qualitäten im Ensemble oder Teilensemble, legen die ergänzende Anwendung der Instrumentarien Erhaltungssatzung und Denkmalschutz für ausgewählte Einzelgebiete nahe.
Mein Kommentar: siehe oben
Stadtteil Gremmendorf / Angelmodde-West
…Da die Wohnstandorte der britischen Streitkräfte vielfach eine hohe städtebauliche und gestalterische Qualität aufweisen, gilt es, diese vorrangig zu sichern.
Mein Kommentar: siehe oben
Quelle: Öffentliche Beschlussvorlage V/0737/2012 vom 2.10.2012
Vor dem Hintergrund der städtebaulichen und gestalterischen Qualitäten ist für einige Wohnstandorte (Beschlusspunkt 3: Standort Nr. 8 Dachsleite, Beschlusspunkt 4: Standort Nr. 9 Volbachweg, Beschlusspunkt 6: Standort Nr. 10 Rumphorstweg, Beschlusspunkt 8: Standort Nr. 14 Angelsachsenweg, Beschlusspunkt 10: Standort Nr. 17 Zum Erlenbusch (Nr. der Standort s. Anlage 12)) der Bestandserhalt die wesentliche Zielsetzung.
In Fällen mit wesentlichem Nachverdichtungspotenzial (Beschlusspunkt 1: Standort Nr. 01 Borghorstweg, Beschlusspunkt 7: Standort Nr. 13 Wiegandweg, Beschlusspunkt 11: Standort Nr. 18 Ostpreußenstraße (Nr. der Standort s. Anlage 12)) ist ebenfalls der Bestandserhalt die Zielrichtung mit dem Zusatz, dass Bereiche für eine Nachverdichtung – durch Teilabriss und Neubau oder durch Neubau auf großen / freien Grundstücken – entwickelt werden sollen.
… Falls notwendig, kann zur Sicherung der jeweiligen Planungsziele auf der Grundlage des Aufstellungsbeschlusses von § 15 BauGB (Zurückstellung von Baugesuchen) Gebrauch gemacht werden bzw. nach § 14 BauGB eine Veränderungssperre erlassen werden.
Mein Kommentar: Bestandserhalt um jeden Preis...
Frühzeitige Beschaffung von Unterlagen zu den Wohnhäusern und Besichtigung einzelner leerstehender Wohnhäuser
Die Mitarbeiter des Stadtplanungsamtes wollten mit Äußerungen wie
"Wir haben noch keinen Strich gezeichnet." die Bürger auf den Informationsveranstaltungen im Dezember 2012 beruhigen, dass außer äußerlichen Bestandsaufnahmen (bisher kein Zugang zu den Häusern und kein Vorliegen von Unterlagen zu den Wohnungseinteilungen und Wohnflächen der Häuser) noch keine weiteren Planungen "im stillen Kämmerlein" durchgeführt wurden. Auf die Frage eines Bürgers, welche oder wie viele Häuser zum Höchstpreis oder zum Festpreis verkauft würden, antwortete ein Mitarbeiter vom Stadtplanungsamt:
»Im Detail steht das noch nicht fest… Ein Drittel des Bestands und 50 Prozent der für Abriss und Neubau vorgesehenen Grundstücke sollen durch Münster-Wohnungsgenossenschaften wie die W+S erstanden werden…«
Zu diesem Zeitpunkt hatte man die Wohnungen immer noch nicht besichtigt und immer noch keine Wohnungsgrundrisse. Wenn durch Politiker und Leiter der Stadtverwaltung in der Vergangenheit immer wieder beteuert wurde, wie gut das Verhältnis zu den britischen Streitkräften war und ist, erscheint es nicht nachvollziehbar, dass es der Stadtverwaltung nicht möglich war, bei der britischen Verwaltung der Wohnhäuser Kopien von derartigen Unterlagen zu erbitten oder solche Wohnhäuser frühzeitig zu besichtigen, die bereits frei gezogen waren oder die temporär leer standen, bis sie wieder durch nach Münster abkommandierte britische Soldaten bezogen wurden. Zumindest für mich ist es ein Rätsel, wie Entscheidungen zustande kamen, ob Häuser saniert oder abgerissen werden sollen, ohne die Häuser von innen begutachtet zu haben.
Nur Direktverkauf, Paketverkauf, Erhalt oder Abriss und Neubau durch Großinvestoren angedacht, nicht aber Baulandschaffung für Direktverkauf
Das "Team Britenwohnungen" des Stadtplanungsamtes nennt in den Abhandlungen zu den 18 Britenhausstandorten unter dem jeweiligen Punkt "sinnvolle Vermarktungsstrategie" nur die Optionen Direktverkauf der Häuser an Einzelinteressenten oder Paketverkauf an Großinvestoren bzw. Abriss und Neubebauung durch Großinvestoren. Auf den vier Bürgerinformationsveranstaltungen im Dezember 2012 stellten Bürger die berechtigte Frage, warum nach Abriss von nicht für sanierungswürdig gehaltenen Häusern die Flächen nicht parzelliert und Privatinteressenten direkt als Bauland angeboten würden. Da möglichst vielen Bürgern zentrumsnahes Wohnen ermöglicht werden soll, ist diese Option bei denjenigen Standorten, die zentrumsnah liegen, wohl nicht zielführend. Einige der 18 Standorte liegen jedoch umgeben von Einfamilienhäusern und Doppelhäusern und nicht zentrumsnah, sodass diese Option an diesen Standorten durchaus betrachtet werden sollte. Wenn Bauland zur individuellen Bebauung angeboten wird, sollten die Interessenten jedoch bezüglich des langfristigen Mehrwerts von barrierefreien Passivhäusern oder von barrierefreien
Bio-Solar-Häusern eingehend informiert werden.
Zielsetzungen energetischer Optionen und Barrierefreiheit vernachlässigt
In der Ratshauptvorlage
V/0728/2012 liest man: »
zu Zielsetzungen energetischer Optionen: Die bisherigen Ideen zur energetischen Optimierung insbesondere im Bestand fanden in den bisherigen Diskussionen der parlamentarischen Gremien ein geteiltes Echo: Neben der unbestrittenen Formulierung der städtischen Standards im Falle von Abriss-/Neubau-Konzepten (so auch im Konzept enthalten) ist die energetische Verbesserung von Bestandsbauten unter dem Aspekt der Preisbildung, des in großen Teilen individuellen Erwerbs und der wohnungspolitischen Zielrichtungen des Konzeptes in der Gesamtabwägung als nicht prioritär einzuschätzen.«
Diese Aussage steht im Widerspruch zu »
Die Inhalte des Konzepts: …Das Konzept ist mit der Zielvorgabe entstanden, die Chance für eine nachhaltige Stadtentwicklung zu nutzen…« Sie ist auch wohl kaum mit den klimaschutz-politischen Zielsetzungen vereinbar, die vom Stadtrat verabschiedet wurden. Hinzu kommt, dass die Britenhäuser zum überwiegenden Teil weder barrierefrei noch barrierearm noch wirtschaftlich barrierearm umgestaltbar sind, was in Hinblick auf die stetig steigende Lebenserwartung und die damit verbundene Wahrscheinlichkeit, mit zunehmendem Alter körperlich behindert zu sein, ebenfalls nicht nachhaltig ist. Die städtische Kommission für die Inklusion von Menschen mit Behinderungen (KIB) erstellte daraufhin mit gutem Grund im Januar 2013 den Ratsantrag 9/2012:
Betreff: Standorte-Entwicklungskonzept Britenwohnungen
Die AG 2 beantragt folgende Ergänzung der Beschlussvorlage V/0728/2012:
Die KIB empfiehlt:
Die Verwaltung wird in Ergänzung des Beschlussvorschlags V/0728/2012 gemäß Ziffer 1. des Beschlussvorschlags beauftragt, die vorgestellten Ziel- und Positionsbestimmungen zu erweitern und auch unter behinderungsspezifischen Gesichtspunkten bei der Erarbeitung der Entwicklungskonzepte für die einzelnen Standorte den Wohnraumbedarf der Menschen mit Behinderungen zu berücksichtigen.
Begründung: Die Interessen der Menschen mit Behinderungen an barrierefreiem Wohnraum werden in den Aufgaben zur Entwicklung der Standortkonzepte gemäß 3. des Beschlussvorschlags nicht berücksichtigt. In Münster besteht ein erheblicher Bedarf an barrierefreien Wohnungen insbesondere in zentralen und /oder durch den ÖPNV gut erschlossenen Lagen, in denen durch gute Infrastruktur eine ausreichende Versorgungssicherheit der Menschen besteht. Die vielen Standorte der ehemaligen Britenwohnungen bieten die seltene Möglichkeit, die Bedarfe an Wohnungen und Wohnanlagen für Menschen mit den unterschiedlichen Arten von Behinderungen in den geeigneten Stadtteilen und Lagen zu befriedigen und derartigen Wohnraum kurzfristig zu schaffen. Das setzt auch voraus, dass die Verschiedenartigkeiten der Wohnformen je nach Standort geprüft und in der Standortplanung berücksichtigt werden. Dafür ist es umso dringlicher, dass der Antrag der KIB AG 2 vom 30.11.2010 zur Analyse der Wohnsituation der Menschen mit Behinderungen (Protokoll der KIB AG 2 vom 24.4.2012) von der Verwaltung nach zwei Jahren erfüllt wird.
Langfristig betrachtet erscheint die Aussage »
…die energetische Verbesserung von Bestandsbauten… ist in der Gesamtabwägung als nicht prioritär einzuschätzen« zusammen mit der Geringschätzung des Potentials, durch vermehrten Abriss energetisch sowie bezüglich Barrierefreiheit optimierten Wohnraum schaffen zu können, als kurzsichtig und nicht nachhaltig, ja sie erscheint kontraproduktiv bezüglich einer Vision von zukunftsorientiertem Wohnen und Arbeiten. Am Wismarweg wurde preiswertes Wohnen in barrierefreien Reihenhäusern in Passivbauweise realisiert, und auch das Studentenwohnheim, welches vom Studentenwerk am Boeselagerweg in barrierefreiem Passivhausstandard errichtet wird, belegt, dass diese wohnpolitischen Weichenstellungen bei den Britenwohnstandorten in die falsche Richtung führen. In Münster gibt es genug alte Wohnsiedlungen aus den 60er Jahren und älter, auf deren Sanierung oder besser Abriss die Stadtplanung keinen Einfluss hat. Bei den Britensiedlungen könnte sie diesen Einfluss nutzen und wegweisend sein, doch verschenkt sie diese einmalige Chance, und parteiübergreifend stimmen die Lokalpolitiker dieser Fehlentwicklung zu.
Zum Standort-Label im Konzeptpapier "Wohnstandorte der britischen Streitkräfte"
Zitat aus der Ratshauptvorlage
V/0728/2012 mit zugehörigen Anlagen:
»Diese standortbezogen plakativen Oberüberschriften (ohne Verbindlichkeit) ermöglichen dem das Konzept Lesenden einen schnellen Eindruck über die grundsätzlich geplante Entwicklungszielrichtung eines jeden Standortes.«
Überprüft man die Label der einzelnen Standorte bezüglich Aussagekraft und Abgrenzung im direkten Vergleich zu den Nachbarsiedlungen bzw. zu den Labeln der anderen Standorte, so kann man kritisch fragen, ob sich die Mühe gelohnt hat, oder ob man nicht besser auf diese Label hätte komplett verzichten sollen.
- Wer möchte, egal an welchem Standort in Münster, nicht ruhig, nachhaltig, gut versorgt, qualitätsvoll, gemeinsam statt alleine und in guter Nachbarschaft wohnen?
- Wer möchte unkreativ und fantasielos wohnen (das Gegenteil von "Innovatives Wohnen am Großen Busch"), wer möchte ausschließlich in einem Altbauviertel wohnen, das architektonisch keine Moderne trifft ("Bestand trifft Neubau am Gievenbach")?
- Wer möchte in Wohnungen wohnen, in denen er nicht alt werden kann ("Altengerechtes Wohnen im Zentrum")?
- Welches Wohngebiet ist nachhaltig attraktiv, wenn es nicht familienfreundlich ist ("Familienwohnen an der York Kaserne" und "Familienfreundliches Wohnen am Pferdebusch"), keinen Charakter hat ("Zentrumsnahes Wohnquartier mit Charakter") und monoton statt vielfältig ist ("Vielfältige Lebensformen an der Coerheide")?
Borghorstweg: "Bestand trifft Neubau am Gievenbach"
Gronauweg: "Gemeinsam Wohnen am Gievenbachtal"
Arnheimweg: "Altengerechtes Wohnen im Zentrum"
Muckermannweg: "Nachhaltiges Wohnen in Uni-Nähe"
Arndtstraße: "Ruhiges Wohnen nahe Germania-Campus"
Sandfortskamp: "Wohnen am Sandfortskamp"
Jahnstraße: "Qualitätvolles Wohnen in der Jahnstraße"
Dachsleite: "Vielfältige Lebensformen an der Coerheide"
Volbachweg: "Innovatives Wohnen am Großen Busch"
Rumphorstweg: "Gartenstadt Rumphorstweg"
Sibeliusstraße: "Gut versorgt Wohnen"
Von-Hünefeld-Weg: "Individuelle Wohnformen am Gasometer"
Wiegandweg: "Familienwohnen an der York Kaserne"
Angelsachsenweg: "Gartenstadt Große Lodden"
Wilhelm-Holthaus-Weg: "Nachbarschaftliches Wohnen für Familien im Neubau"
Lilienthalweg: "Zentrumsnahes Wohnquartier mit Charakter"
Zum Erlenbusch: "Wohnvielfalt am Erlenbusch"
Ostpreußenstraße: "Familienfreundliches Wohnen am Pferdebusch"
Zielsetzung "Wohnen und Arbeiten im Quartier" vergessen
Eine Zielsetzung "Wohnen und Arbeiten im Quartier" sucht man vergebens im Konzeptpapier des "Teams Britenwohnungen", obwohl besonders Studenten der Hochschule und der Fachhochschule sich oft schon während ihres Studiums in Freiberuflichkeit ausprobieren und die Zahl derjenigen Studiumsabsolventen stetig steigt, die sich später selbständig machen möchten. Diese jungen und oft mit keinem oder geringem Eigenkapital ausgestatteten Selbständigen suchen Büros und Werkstätten in der unmittelbaren Nähe ihrer Wohnung, weil sie so nicht nur Zeit sparen können, sondern statt eines eigenen Autos ein Stadtteilauto bei Bedarf mieten und damit viel Geld sparen können.
Wie die Zielsetzung "Wohnen und Arbeiten im Quartier" umgesetzt werden kann, finden Sie im Menüpunkt
Münster Mitte - Wohnstandort Jahnstraße am Beispiel von Terrassenhäusern beschrieben: Auf der der Sonne und dem Garten zugewandten Seite wohnt man, auf der der Straße zugewandten Seite arbeitet man.
Zielsetzung Verdichtung pro Standort nicht ausreichend oder nur oberflächlich bearbeitet
Die Zielsetzung Verdichtung im Bestand zwecks Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum in Zentrumsnähe wird im städtischen Konzeptpapier nur stiefmütterlich behandelt und dann pro Standort nicht so präzisiert, dass Bürger oder andere Investoren wissen, wohin der Hase laufen soll.
Unter den Menüpunkten
Coerde - Wohnstandort Dachsleite
und
Coerde - Wohnstandort Wesselerweg
finden Sie konkrete Vorschläge zur Nachverdichtung. Zum Wiegandweg, wo die BImA die baldige Vermarktung bereits Ende 2012 per Exposé ankündigte, wurde meiner Erinnerung nach auf der Bürgerinformationsveranstaltung am 10.12.2012 eine Folie gezeigt, die eine Nachverdichtung nur in den zwei größten Hintergärten andeutete, ohne konkret zu werden, wie diese Nachverdichtung aussehen sollte (Baufenster, Anzahl der Geschosse, Dachform usw.). Im Frühjahr 2013 wurde dann ein Bebauungsplan vorgestellt, in dem weitere Grundstücke geteilt wurden, um Nachverdichtung zu ermöglichen. Die BImA kündigte daraufhin vorerst nur den Verkauf derjenigen Grundstücke an, die nicht geteilt werden.
keine Angaben zum Zustand der Straßendecken, der Bürgersteige und der unterirdischen Versorgungsleitungen
Das städtische Konzeptpapier macht für keinen der 18 Standorte Aussagen über den Zustand der Straße und deren Teerdecke, über den Zustand des Bürgersteigs, den Zustand eventuell vorhandener Stellplätze, Kinderspielplätze oder gar der unterirdischen Versorgungsleitungen (Wasser, Abwasser, Gas, elektrische Leitungen, Telefon- und Internetleitungen) und deren Hausanschlüsse. Besonders bei Standorten, deren Häuser nicht abgerissen werden sollen, wäre eine frühzeitige Untersuchung dieser Leitungen dringend notwendig gewesen, um die Kosten für Austausch bzw. Instandsetzung abschätzen zu können. Nur im allgemeinen Teil des Konzeptpapiers finden man dazu einige wenige, aber nichtssagende Anmerkungen:
Herausforderungen für die Stadtentwicklung
primär: Abschätzung der Auswirkungen und Kosten auf die sozialen Infrastrukturen…
sekundär: Abschätzung der Auswirkungen und Kosten auf die technische Infrastruktur, insbesondere Maßnahmen im Bestand wie
- Straßen/Straßenraum/Parken im öffentlichen Straßenraum inkl. Ver- und Entsorgungsleitungen (meist im Bestand)
- Entwässerung von Grundstücken, z.B. Kapazitätsengpässe Kanal und/oder Regenrückhaltung
Damit spätere Käufer nicht unliebsam überrascht werden, müssen sie vor der der Gebotsabgabe über ihre wahrscheinliche Beteiligung an diesen Anliegerkosten informiert werden. Vermutlich sind diese unterirdischen Leitungen so alt wie die Häuser, also aus den 50er und 60er Jahren. Vielleicht werden bereits die Hauseigentümer in der Grawertstraße in absehbarer Zukunft böse Überraschungen erleben, wenn Straßen, Bürgersteige und gerade hergerichtete Vorgärten aufgebaggert werden müssen, um Sanierungen an den Leitungen und deren Hausanschlüssen vorzunehmen. Und anderswo fällt solchen Arbeiten dann später der eine oder andere im Weg stehende Carport zum Opfer, der zuvor neu aufgestellt wurde, soweit es der Bebauungsplan überhaupt erlaubte.
keine Angaben, ob es im Erdgeschoss ein WC oder ein Bad gibt
Das Konzeptpapier der Stadtverwaltung enthält lediglich wage Angaben zur Wohnfläche der Britenhäuser, jedoch keine Angaben zu deren räumliche Aufteilung und Ausstattung. Die schmalen Einfamilienreihenhäuser in der Grawertstraße hatten im Erdgeschoss kein WC, und vermutlich werden viele gleichbreite Britenhäuser an anderen Standorten ebenfalls dieses Manko haben. Ebenso enthält das Konzeptpapier keine oder minderwertige Angaben zur Heizung und zum Alter des Brenners. Man fragt sich, wie die Stadtplaner aufgrund dieses geringen Wissens über die Ausstattung und Aufteilung der Häuser überhaupt zu Entscheidungen kommen konnten, welche Siedlungen saniert oder abgerissen werden sollten.
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